19.01.2020, 19:06
LIGHTS OUT
To the well-organized mind
death is but the next great adventure
death is but the next great adventure
history of violence
Jeder Widerstand war sinnlos. In den Jahren des zweiten großen Drogenkriegs, der über Tijuana hinwegfegte, starben nach letzten Hochrechnungen an die 15.000 Menschen. Es spielte keine Rolle, ob unschuldig, ob Mutter, ob Kind, Kartellmitglied oder Cop und Richter. Junge Menschen. Alte Menschen. Es verging kein Tag, an dem nicht von neuen, gewaltvollen Übergriffen geschrieben und in den Nachrichten gesprochen wurden. Sieben lange Jahre tobte in der Baja California ein erbitterter Kampf zwischen den Bluthunden des Iwanow-Romero-Kartells und den ungekrönten Herrschern des weltweiten Drogenanbaus- und handels aus Südamerika und Kuba. Dem Mendoza-Noguera-Kartell. Wellen immer neuer, noch ungekannter Gewalt erschütterten den Norden Mexikos und zwangen Unbeteiligte und Hilflose in das Verderben einer Flucht, von der niemand lebend zurück gekehrt ist.Tijuana, 1983: […] „Hörst du sie singen? Sag mir, kleiner Vogel, hörst du sie? Die Stimmen in der Nacht, die das Schlaflied singen und flüsternd von Frieden sprechen? Es gibt keinen Frieden, kleiner Vogel. Nicht für dich; schon gar nicht für mich. Nicht hier und auch nicht anderswo. Schweigend singen sie ihre Lieder, wenn nachts die Winde durch die Straßen wehen und die Schreie davon tragen, die das Leid beklagen, das die Nacht uns bringt. Stumm erzählen sie ihre Geschichten, die niemand sonst zu hören wünscht. Sie sind nicht wie wir, kleiner Vogel. Hörst du, was ich dir sage? Verstehst du, was meine Worte dir versuchen zu erklären? Es ist nicht deine Geschichte, von der sie singen. Es ist nicht meine Geschichte die sie flüsternd erzählen. Es sind die Geschichten derer, die noch immer an Träume, Hoffnung und Frieden glauben. Sie gehen hinaus in die Nacht, unwissend und nicht verstehend, geblendet von ihren Träumen und kehren nie zurück.“ […] – Erzählung einer Iwanow-Romero-Hure in der Zone Norte, Tijuana.
Das Leben in Tijuana hat sich in den letzten Jahren nur mühsam von den Jahren voller Blutvergießen und Grausamkeiten erholt. Erschwerend kommt hinzu, dass das Iwanow-Romero-Kartell die Millionenmetropole im Norden Mexikos nach wie vor fest in ihrem Besitz hat. Und wer glaubt, Behörden und Staat wären Willens und in der Lage zu helfen, um Armut, größtes Elend und Not zu bekämpfen, der lebt sein Leben im Glauben an Träume, Hoffnung und einen Frieden, der niemals eintreten wird. Hier regiert einzig und allein das Geld und nicht, wer von den Menschen mit all ihrer guten Hoffnung gewählt wird. In der Bevölkerung aber werden Stimmen laut, die beginnen sich gegen Unterdrückung und Gewalt zu erheben; die Forderungen stellen, die in den 80er Jahren noch vollkommen undenkbar waren. Sie verlangen nach Sicherheit und Frieden, denn immerhin ist Mexiko und ganz besonders Tijuana mit seiner direkten Nähe zu Amerika ein Touristenmagnet ohne weiteren Vergleich. Sie kommen in Scharen. Jährlich mehrere hunderttausend Menschen. In San Diego liebt man die Nähe zu dem kleinen Nachbarn hinter einer Grenze, die schon lange nicht mehr das ist, wofür sie einst bekannt wurde. Kontrolliert wird hier nur noch der Fluss von Menschen, die ihre Seele an den Teufel verkauft haben und nicht einmal wissen, was sie im Land der unbegrenzten Möglichkeiten tatsächlich erwartet. America's Finest City, San Diego, lockt mit dem Versprechen von Freiheit und lang ersehntem Frieden. Es verspricht Fröhlichkeit, Losgelassenheit und ein Leben fern der Kontrolle, der Gewalt und der Angst. Oder ist die schöne Fassade, die diese Stadt so einzigartig macht, auch nichts weiter als ein Deckmantel in einem Spiel, von dem niemand ahnen kann, wo es fortgesetzt werden wird?
San Diego, 2020: […] „Sie werden kommen. Sie werden nicht kommen, um uns zu holen. Sie werden kommen, um uns zu töten. Sie werden kommen, um sich zu nehmen, was rechtmäßig einmal ihnen gehört hat. Sei auf der Hut und vergiss niemals. Die Schatten werden zurück kommen und dieses Mal werden sie sich von keiner Grenze und keiner Macht mehr aufhalten lassen. So nah wie sie schon sind, ist ein Umkehren nicht mehr möglich. Doch das Spiel hat sich geändert. Sie kommen nicht allein. Ihnen folgen Macht, Ansehen und der Tod. Sie kommen. Ihre Herzen, ihr Stolz und ihre Ehre verlangen nach Rache. Sie kommen. Sie kommen, um uns zu töten.“ […] – Aussage eines inhaftierten Romero-Soldaten bei der Vernehmung durch das FBI San Diego.
Noch unbestätigten Berichten zu Folge wird das Jahr 2020 der Auftakt zu einem Krieg wie ihn die Menschen der Baja California noch nicht erlebt haben. Dieses Mal jedoch ändern sich die Bedingungen in diesem Ränkespiel von Macht und Herrlichkeit. Es ist nicht mehr nur der kleine Nachbar, der im Fadenkreuz der Drogenmächte liegt. Längst ist auch America's Finest City nicht mehr der sichere Hafen, der es für seine Bewohner sein soll. Sowohl Tijuana als auch San Diego sind der finale Schauplatz zu dem nun auch endlich die Könige selbst das Spielfeld betreten. Und es ist nicht das erste Mal, das sich Yakuza und Cosa Nostra in einem blutigen Krieg gegenüberstehen. Doch wo stehst du in diesem Spiel von Geld, Macht, Korruption und dem Leid unzähliger Menschen? Bist du selbst Mitglied oder Verbündeter der großen Drogenkartelle oder gar ein Mitglied der Mafia? Bewegst du dich täglich zwischen Beruf und Leben in einer Grauzone und hoffst, dass dir nichts passiert? Oder ignorierst du die drohende Gefahr als der strahlende Sonnenschein, der du nun mal bist? Hier, zwischen Himmel und Hölle, findet jeder einen Platz. Doch welcher gehört zu dir?